MANAGEMENT

Dr. Martin Welcker

Der Einsatz der Rheumafachassistenz aus ärztlicher Sicht

Management

Ich möchte vorweg mit meinem ganz persönlichen Statement beginnen


Als Arzt, der ich schon langjährig an diesem Thema arbeite, an Studien teilgenommen und die Ausbildung einer Reihe von RFAs praktisch begleitet habe, komme ich nur zu dem einen Ergebnis: Delegation besticht als existenzielle und qualitätssteigernde Versorgungsleistung und funktionierendes Managementtool. Es erhöht bei Steigerung der Betreuungsqualität die Lebensqualität aller Beteiligter und die wirtschaftliche Ertragslage. Die ambulante Betreuung in der Medizin und der Rheumatologie ist naturgemäß so vielfältig wie die Strukturen, in denen wir leben. Jeder Arzt hat seine eigenen Vorstellungen, Vorlieben und persönlichen Fähigkeiten, welche die Organisationsstrukturen beeinflussen. Daher ist es nur logisch, dass besonders kleinere Einheiten, hier vor allem Einzelpraxen, stark auf die ärztliche Leitung ausgerichtet sind. Ich möchte im Folgenden plakative Aussagen in die Diskussion aufnehmen. An diesen Beispielen möchte ich die Vorteile des kooperativen Handelns der medizinischen Versorgungsstrukturen beleuchten.


„Ich bin Arzt, Internist und Rheumatologe. Nur ich kann daher die rheumatologische Betreuung eines Patienten gewährleisten“


„Ich bin der Arzt und daher für die Betreuung des Patienten zuständig!“ Das ist hier wohl die Grundlage der Einstellung. Möglicherweise wurden auch im Rahmen früherer Arbeiten negative Erfahrungen gemacht, sodass z. B. im Rahmen einer Delegation ein Vorgang fehlerhaft verlief. Dies mit der persönlichen Konsequenz: „Alles muss man alleine machen!“

Aber, ist dies wirklich die Alternative? Die Annahme eines Patienten, die Terminerstellung, die Erstellung eines Rezeptes nach Vorlage sind doch bereits erste Schritte einer Delegation und werden von allen MFAs ausgeführt. Die Beantwortung der Frage, ob ein Medikament im Falle eines Infektes eingenommen werden soll oder nicht, ist ebenfalls eine Form der Delegation. Diese kann naturgemäß vom Arzt beantwortet werden. Hat eine MFA aber entsprechende Erfahrung („also meine Erstkraft kann das, aber der Rest…“) kann diese mit Sicherheit eine orientierende Antwort geben. Noch besser kann die Antwort aber gegeben werden, wenn die MFA im Rahmen einer intensiven Schulung bzw. sogar Ausbildung gelehrt wurde, wie in solchen Fällen die korrekte Antwort zu lauten hat und ab welchem Moment diese Antwort vom Chef, also vom Arzt, gegeben werden muss. Exakt diese Kompetenz hat eine RFA nach Durchlaufen ihres Curriculums erworben!

Wenn ich also meine, alles selbst machen zu müssen und nicht delegieren kann oder will, lasse ich Möglichkeiten der Arbeitserleichterung ablauftechnisch „auf der Straße“ liegen. Zudem nutze ich die Möglichkeit der Mitarbeitermotivation im Sinne der Weiterbildung und Wertschätzung nicht aktiv. Welche Mitarbeiterin mit Potenzial wird diese Tätigkeit langfristig ausführen?


„Ich bin Arzt, Internist und Rheumatologe. Ich würde ja gerne delegieren! Aber, wie soll ich das denn umsetzen und welchen Gefahren setze ich mich aus?“


An dieser Stelle als Erstes der rechtliche Rahmen: Wie von Kirsten Hoeper ausgeführt, ist der Rahmen der Delegation mittlerweile gut definiert. Ich möchte es an dieser Stelle vereinfacht wie folgt zusammenfassen: Sofern eine strukturierte Form des Ablaufes (strukturierte Anamnese, strukturierte Gelenkuntersuchung, strukturierte Laboranweisung, strukturierte Untersuchungstechnik, etc.) vorliegt, die im optimalen Fall auch noch von der Fachgesellschaft festgelegt oder in einem Curriculum vermittelt wird (z. B. Ausbildung zur Rheumafachassistenz, RFAplus-Weiterbildung) ist diese rechtlich abgesichert! Die individuell angepassten Untersuchungen (individuell angepasste Anamnese, Gelenkuntersuchung, Laboranweisung, Untersuchungstechnik, etc.) sind naturgemäß ärztliche Leistungen. Aber auch hier ist die Qualität je nach Ausbildungsstand (Assistent erster Berufsjahre, Weiterbildungsassistent, Facharzt, Oberarzt oder vergleichbare langjährige Erfahrung) individuell sehr unterschiedlich.

Als Zweites der organisatorische Rahmen: Dieser bedarf einiger struktureller Gedanken, welche im Vorfeld durchgeführt werden sollten. Ich gebe zu bedenken, dass Prozesse üblicherweise in kleinen Schritten verändert werden und schlage dieses Vorgehen auch hier vor (einzig bei Neugründung einer Praxis sollten gleich zu Beginn der Ablauf komplett und streng strukturiert festgelegt werden): An dieser Stelle schlage ich auch vor, die Kompetenz der Mitarbeiter und MFA/RFAs frühzeitig einzubinden, da diese die Eigenheiten von uns Ärzten, die Organisationsstärken und -schwächen und die Möglichkeiten der Ergänzung und Optimierung meist gut kennen. Es ist an dieser Stelle ebenso notwendig, einen kooperativen Arbeitsstil mit kompetenter Delegation einzuführen, die nicht zwingend ab dem ersten Tag funktioniert. Fehler, Probleme und Rückschläge sollten nicht dazu führen, alles wieder selbst zu machen, sondern sie eröffnen die Chance, die Ursache des Fehlers zu analysieren und den Ablauf an dieser Stelle zu verbessern. Bitte denken Sie daran, dass auch wir Ärzte Fehler machen. Wenn wir als Chefs in Praxen etc. unterwegs sind, werden uns diese nur oft nicht mitgeteilt. Das Modell der Delegation ermöglicht es also auch, die eigenen Fehler zu erkennen und zu korrigieren.

Schritt für Schritt können Sie somit die unterschiedlichen Funktionen einer RFA-Betreuung (standardisierte Telefonberatung der einfacheren Fragen/Fälle, Erstellen einer vorstrukturierten Anamnese, Erheben eines vorstrukturierten Gelenkstatus, Erheben der Medikamentenanamnese, etc.) einführen und für sich und Ihre Abläufe bewerten bzw. anpassen. Natürlich ist hierbei zu erkennen, ob Ihre RFA mit den Anforderungen zurechtkommt und welche Patienten für welche Form der Betreuung in Frage kommen. Als abschließenden Schritt können Sie dann auch noch eine RFA-Sprechstunde einführen, welche Ihren Arbeitsablauf wesentlich erleichtert und die Zufriedenheit Ihrer Patienten nach entsprechender Vorinformation (das ist aus meiner Sicht wichtig) deutlich verbessert. Das zeigen die Ergebnisse der ERFASS-Studie!

Als Drittes der finanzielle Rahmen: Auch wenn Kirsten Hoeper mit ihrem vom Innovationsfonds geförderten Forschungsprojekt „Deliver Care“ (Fördernummer NVF 18014) an diesem Thema arbeitet, wird die direkte Bezahlung der RFA im EBM bzw. der GOÄ nicht rasch abgebildet sein. Aber, im Rahmen diverser Selektivverträge und der Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) ist der Einsatz von RFAs in der Betreuung der Patienten bereits mit Sonderhonoraren versehen. Denkt man darüber hinaus noch an die RFA-assoziierte Verbesserung der Versorgungsqualität (Stichwort: Image und Ruf des Zentrums, etc.) und die Optimierung der Abläufe (mit den Möglichkeiten des Zeitgewinns – also Steigerung der Betreuungs- und Lebensqualität) sieht die „Rechnung“ doch anders aus. Denn habe ich dieselbe Arbeit in kürzerer Zeit erledigt (Steigerung der Leistung), steht mir entweder mehr freie Zeit zur Verfügung oder aber ich kann in der gleichen Zeit mehr Patienten mit konsekutiv höherem Umsatz versorgen. Was halten Sie davon? Ich sehe diesen Aspekt in der Diskussion nicht ausreichend berücksichtigt.


„Ich bin Arzt, Internist und Rheumatologe. Ich delegiere aktiv und gern! Ich weiß auch, wie das geht und möchte nur noch wissen, wie ich die Abläufe optimieren kann!“

Nun, an diesem Punkt angekommen, muss ich passen. Sie sollten hier übernehmen und ich schlage Ihnen vor, die gelesenen Zeilen mit Ihren Kommentaren zu versehen und zum Erfahrungsaustausch für die Kollegen als „Leserbrief“ an den Herausgeber zu senden (delegation@delegation-rheumatologie.de), damit diese von Ihrem Wissen profitieren können!

An dieser Stelle frage ich mich gerne, wie ich mich denn am besten selbst überflüssig machen kann?… Habe ich keine Routineaufgaben mehr?… Habe ich die Kapazität, die wirklich wichtigen Dinge zu betreuen? Erst dann kann ich meine (hoffentlich nicht nur eingebildeten menschlichen und ärztlichen) Qualitäten zur Betreuung der Patienten, aber auch der Mitarbeiter (!), optimal einsetzen. Daher die Eingangsfrage.

Zudem ist aus meiner Sicht die weitere Schulung der Mitarbeiter zu empfehlen. Das neue Curriculum der RFA-plus-Ausbildung, die diversen Angebote für RFA-Fortbildungen und der Fachverband Rheumatologische Fachassistenz e. V. seien an dieser Stelle genannt. Hiermit wird das Wissen der Mitarbeiter gefördert, die persönliche Entwicklung gestärkt und die Wertschätzung der Ärzte an die Mitarbeiter signalisiert. Alles Maßnahmen der Strukturstärkung eines Unternehmens, welches Praxen, MVZs und andere Ambulanzen letztlich darstellen. Im Wettbewerb der Arbeitgeber um Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt, der abgesehen von der mutmaßlichen COVID-Flaute, vom Facharbeitermangel gekennzeichnet ist bzw. sein wird, sind dies langfristig wichtige betriebsökonomische Überlegungen, welche den „Wert“ des Einsatzes der rheumatologischen Fachassistenz widerspiegeln.

Ich hoffe, Ihnen meine Argumente der Arbeitsdelegation und Einbindung unserer Rheumatologischen Fachassistenz in die Betreuung unserer Patienten nahegebracht zu haben. Bitte nehmen Sie auch wahr, dass die Digitalisierung unserer Arbeitsabläufe großen Einfluss auf den Alltag genommen hat und weiter nehmen wird. Die meisten Ärztinnen und Ärzte sind in der zweiten Lebenshälfte, also keine „digital natives“.


Unsere jüngeren Kolleginnen und Kollegen können uns hier eine wertvolle Unterstützung sein!

KBV-Vereinbarung

§ 4 Abs. 2 Delegationsvereinbarung: Der Arzt hat sicherzustellen, dass der Mitarbeiter aufgrund seiner beruflichen Qualifikation oder allgemeinen Fähigkeiten und Kenntnisse für die Erbringung der delegierten Leistung geeignet ist (Auswahlpflicht). Er hat ihn zur selbständigen Durchführung der zu delegierenden Leistung anzuleiten (Anleitungspflicht) sowie regelmäßig zu überwachen (Überwachungspflicht). Die Qualifikation des Mitarbeiters ist ausschlaggebend für den Umfang der Anleitung und der Überwachung.