MANAGEMENT

RFA Ines Joppa

Delegation in der Praxis: Die Perspektive einer rheumatologischen Fachassistentin

Management

Die Thematik der Delegation in deutschen Arztpraxen beschäftigt Ärzte und ihre medizinischen Fachassistentinnen und Fachassistenten (MFA) gleichermaßen. Speziell in der Rheumatologie bedarf es für einen strukturierten Praxisablauf sowohl einer organisierten Delegation als auch einer qualifizierten Umsetzung und Weiterbildung des medizinischen Fachpersonals. Um in dafür speziell eingerichteten Fachassistenzsprechstunden gezielt Aufgaben zu übernehmen und mit den Patienten zu kommunizieren, ist ein ausführliches Fortbildungsprogramm notwendig, das im Rahmen der Berufslaufbahn einer MFA absolviert werden muss. Dieser Beitrag bietet den persönlichen Blick einer Rheumafachassistentin (RFA) auf ihre Ausbildungsschritte und die bereits umgesetzte Delegation am Arbeitsplatz.

Seit fast schon 31 Jahren arbeite ich als MFA und habe mich 2008 dazu entschlossen, den zusätzlichen Ausbildungsweg der RFA einzuschlagen. Der dafür notwendige Grundkurs bildet das Fundament für ein aktives Mitwirken u. a. in der Patientenaufklärung und -betreuung. Zusätzlich zu den alle zwei Jahre anstehenden Refresher-Kursen gibt es eine Vielzahl an komplementären Fortbildungen, um in einem Gebiet mit steten Neuerungen und Veränderungen, z. B. der Therapie, auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Der von der BÄK am 06.04.2021 beschossene RFA-Plus-Kurs erweitert die Kompetenzen der RFA und hat es mir persönlich ermöglicht, aktiv an Studien mitzuwirken und selbstständig nicht-interventionelle Studien durchzuführen. Diese Fortbildungsschritte sind es, die in unserer rheumatologischen Praxis die Delegation und den Austausch zwischen Arzt und Assistenz aus der RFA-Perspektive erleichtert haben.


Kurse


Wirft man einen genaueren Blick auf die einzelnen Kurseinheiten der rheumatologischen Fachassistenz-Ausbildung, so überschneiden sich Basis- und RFA-Plus-Kurs insofern, dass sie jeweils mit einem zeitlichen Umfang von 60 Stunden und einer Zertifikation abzuschließen sind. Ihre Zusammensetzung besteht aus einer Kombination aus Theorie und Praxis, die es ermöglicht, schrittweise Aufgaben in der Praxis zu übernehmen. Ergänzend dazu ziehen die Veranstalter des Aufbaukurses digitale Hilfsmittel als Lernhilfe hinzu, um ein zusätzliches Fachwissens-Training im Eigenheim zu erleichtern. Über alldem steht die Prämisse das erlernte Wissen zu erhalten und zu vertiefen.


Schwerpunkte


Der Basiskurs vermittelt insgesamt zunächst die Grundlagen der unterschiedlichen rheumatischen Erkrankungen und ihre Wechselwirkungen mit dem Immunsystem. Kombiniert werden dabei Einblicke in physikalische und medikamentöse Behandlungsabläufe. Es wird ein genauer Überblick in die korrekte Versorgung der Patienten und Dokumentation des Krankheitsverlaufs gegeben, der wiederum die Bereiche der Labordiagnostik, Radiologie und Gelenks- und Wirbelsäulenuntersuchung umfasst. Neben dem medizinischen Fachwissen gehören die Lernbereiche einer strukturierten Organisation und klaren Kommunikation in der Praxis, sowie das Qualitätsmanagement zum Ausbildungsrepertoire dazu. Relevant ist dabei auch ein genaueres Verständnis für die Erkrankten selbst. Dadurch wurde es mir ermöglicht, telefonisch die Dringlichkeit eines Termins besser einschätzen zu können. Das vertiefte Fachwissen erlaubt mir ein zielführendes Fragestellen. Anhand von Fallbeispielen werden akute Notfälle mit den korrekten Verhaltensweisen und dem sicheren Umgang mit den Patienten anschaulich dargestellt.

Im, auf dem Grundkurs aufbauenden, RFA-Plus-Kurs rückt primär die Aufklärung in den Mittelpunkt des Lernens: Es wird genauer auf die Bereiche Beratung des Patienten und Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung eingegangen. Neu hinzu kommt der Aspekt von juristischen Fragen und Richtlinien, die ich als RFA befolgen muss. Im Vordergrund steht dabei die grundsätzliche Frage: Welche Aufgaben darf mir der behandelnde Arzt innerhalb der juristischen Regeln übertragen? In Verbindung damit werden neue Organisationsbereiche wie die Planung einer RFA-Sprechstunde eröffnet, die nach klaren Richtlinien abzulaufen hat. Alles nach dem Grundsatz: Zuerst die Untersuchung durch den Rheumatologen und als zweite, ergänzende Instanz schließlich die RFA. Eine Besonderheit des Aufbaukurses ist es, dass neben den behandelnden Spezialisten auch RFAs selbst Vorträge halten. Sie gehen genauer auf die Themengebiete des Praxisablaufs und der Praxisverwaltung ein. Dadurch ist es mir und den anderen Teilnehmern möglich, unsere Delegationsansätze zu vergleichen und ggf. anzupassen bzw. zu verbessern. Insgesamt bieten die Kurse die Möglichkeit, ein interagierendes Netzwerk zwischen RFAs und Ärzten gleichermaßen aufzubauen, und sich über Fortschritte im Bereich der Delegation auszutauschen.


Ergebnisse


Grundsätzlich zeichnen sich in der Fortbildung persönliche und praxisbezogene Bereicherungen im Arbeitsalltag ab. Dank der Weiterbildung kann die RFA als qualifiziertes und vor allem aktives Mitglied im Zusammenhang mit der Delegation agieren:


BEREICHE

Anmeldung/Verwaltung

TÄTIGKEIT

  • Telekommunikation
  • Briefe
  • Befundzuordnung
  • Medikationsabfrage
  • Befindlichkeitsabfrage
  • Rezepte/Rezeptwünsche
  • Terminvergabe: Dringlichkeit
  • Labor

  • Blutabnahme/Labordiagnostik
  • Abfrage der Vitalparameter
  • Infusionsgabe/Zugang legen
  • Spritzen
  • Impfungen
  • Wundversorgung
  • Injektionsschulung des Patienten
  • RFA-Sprechstunde

  • Strukturierte Abfrage: Zweitaufklärung & Schulung des Patienten
  • Abfrage und Dokumentation der Komorbiditäten
  • Medikations- & Therapieabfrage
  • Nebenwirkungen & neue Krankheiten
  • Impfstatus
  • Abfrage der Vitalparameter
  • Diagnostik
  • Erhebung und Auswertung von Scores
  • Weiteres

  • Umfangreiche Patientenschulung in allen Bereichen
  • Mitwirken bei interventionellen und nicht-interventionellen Studien


  • Ergänzend dazu können der Gesundheits- und Medikationsstatus des Patienten vorab intentional erfragt und die Funktion einer zweiten Aufklärungsinstanz übernommen werden. Auf der Basis einer Erweiterung der Kommunikationstechnik mit den Patienten und deren Angehörigen kann standardisiert eine allgemeine und fachspezifische Krankengeschichte erhoben werden. Abfragen der Komorbiditäten und anfallenden Therapiemöglichkeiten, sowie der Score-Auswertungen und Arbeit im Labor sind einfacher durchführbar. Beim Aspekt der RFA-Sprechstunde steht primär die Patientenschulung und Beraterfunktion der RFA im Vordergrund, außerdem die Möglichkeit für Rückfragen erreichbar zu sein.


    Delegation in der Praxis


    In meiner Funktion als Bindeglied zwischen Arzt und Patient, kann ich als ausgebildete RFA dazu beitragen, die Delegationsprozesse transparent und reibungsloser zu gestalten. In meinem Arbeitsalltag gestaltet sich die Übertragung von Aufgaben folgendermaßen: Der behandelnde Arzt leitet seinen Patienten an mich weiter mit dem Ziel, die vorab gegebene Beratung zu vertiefen. In der dafür eigens eingerichteten RFA-Sprechstunde kann ich Themen wie die Therapieeinstellung, neue Therapien oder neue Medikamente weiter besprechen. Wichtig ist hierbei ein Gespräch auf Augenhöhe, was von unseren Patienten sehr geschätzt wird.

    Durch das zusätzliche zeitliche Angebot kann sowohl der Arzt entlastet als auch dem Patienten eine eingehendere Unterstützung angeboten werden. Durch den steten Austausch zwischen dem behandelnden Arzt und mir, kann ich auf der Basis der gewonnen Informationen eine strukturierte und vor allem zielgerichtete Abfragetechnik einsetzen. Diese hilft mir dabei herauszufinden, ob bei dem Patienten neue Beschwerden aufgetreten sind, die ich zeitnah weiterleiten muss. Die bessere Information und Einstellung des Patienten kann ermöglichen, dass erforderliche Kontrolltermine verringert werden. Das bedeutet weniger Stress für die Praxis, unser Team und besonders die Patienten. Durch die offenen Gespräche versuche ich, das Vertrauen der Patienten in die Praxis und somit auch in die Therapie weiter auszubauen. Hierbei unterstützt mich die erlernte Kommunikations- und Gesprächstechnik und bringt in Kombination mit einem sorgfältigen Praxismanagement mehr Ordnung in den teils hektischen Arbeitsalltag.

    Außerdem kann der Terminkalender entlastet werden, was mehr Platz und Zeit für Akut- oder Neupatienten bedeutet. Im aktuellen Fall der Corona-Pandemie lässt sich dadurch die akute Gefährdung der Rheumapatienten reduzieren, weil diese nun weniger häufig in die Praxis kommen.

    Ausblick/Fazit


    Alles in allem erweisen sich die Basis- und Fortbildungskurse als große Hilfe, um die Übertragung von Aufgaben in der Praxis zu erleichtern und somit einen optimalen und reibungslosen Praxisablauf zu gestalten. Sie führen zu einer stabileren Einstellung der Patienten, die sich besser mit ihrer Krankheit auskennen und bereitwilliger ihre Therapien akzeptieren und durchführen.

    Die Kommunikation in der Praxis selbst – das schließt sowohl den Austausch zwischen Arzt und RFA als auch zwischen RFA und MFA mit ein – ist direkter und weniger umständlich. Und das aufgebaute und gezeigte Vertrauen in die Fähigkeiten der RFA stärkt das ganze Team. Als Endresultat lässt sich festhalten, dass die RFA durch die Delegation eine deutlich aktivere Rolle im Praxisalltag spielt und zusätzlich aktiv bei der Durchführung von interventionellen und nicht-interventionellen Studien beteiligt werden kann.

    An dieser Stelle noch ein Dankeschön an alle Referenten und ihr tolles Engagement und ihre informativen Beiträge. Über der ganzen Delegationsthematik steht für uns als RFAs der Wunsch, dass sich unsere Arbeit auch in der Schaffung eigener Leistungsziffern sowie in entsprechender tariflicher Einstufung widerspiegelt.