MANAGEMENT

Dr. Georg Gauler, RFA Patricia Steffens-Korbanka

Erfahrung eines Osnabrücker Rheumazentrums

Management

In 2006 wurde erstmalig - angestoßen durch einen Kreis engagierter Erlanger Kollegen – eine spezielle Fortbildung für medizinische Fachangestellte aus dem Bereich der Rheumatologie angeboten, durchgeführt unter dem Dach der Rheumaakademie.

In diesem und späteren Jahren nahmen mehrere unserer medizinischen Fachangestellten an diesen Kursen teil und waren von Inhalt und Durchführung sehr angetan. Bald stellte sich jedoch im Alltag die Frage: Was mache ich mit all meinen erworbenen Fähigkeiten in der Praxis?

Während sich also für die medizinischen Fachangestellten eine zunehmende Ungleichheit von guter Fortbildung auf der einen Seite und fehlenden Strukturen für die Anwendung des gewonnenen Wissens auf der anderen Seite zeigte, war es von ärztlicher Seite der zunehmende Zeitdruck in der Versorgung von Patienten, der nach Veränderung rief.

So entstand etwa im Jahre 2008 in unserer Praxis, getragen sowohl von MFAs als auch von der Praxisleitung, der Gedanke, ärztliche Leistungen an gut fortgebildete Fachassistenten zu delegieren. Getragen von dem gemeinsamen Ziel, die rheumatologische Versorgung voranzubringen, haben wir uns zusammengesetzt und eine Sprechstunde für rheumatologische Fachassistenten geplant, in der diese gut eingestellte Patienten mit rheumatoider Arthritis, Psoriasis-Arthritis oder Spondylarthritis unter Einbeziehung des behandelnden Arztes versorgt wurden.

Wichtig war und ist uns bei diesem Konzept, dass die Fachassistenz in einem vorgegebenen Sprechstundenrahmen weitgehend selbstständig Kontakt mit dem Patienten aufnimmt, ihn bezüglich seiner Probleme berät, sei es in medikamentöser, persönlicher oder sozialmedizinischer Art. Für offene Fragen war im Anschluss ein kurzer Arztkontakt geplant.

Natürlich gab es anfänglich Bedenken, sowohl auf Seiten der Ärzte als auch auf Seiten der Fachassistenten. Während die einen um die Versorgungsqualität und die Akzeptanz bei den Patienten fürchteten, sahen die anderen eine mögliche Überforderung oder mangelndes Vertrauen der Ärzte in ihre Arbeit als Probleme an. So haben wir dann ab 2009 zunächst ein Konzept mit zwei Fachassistenten und zwei Ärzten umgesetzt. Weder die Befürchtungen ärztlicherseits, noch die seitens der Fachassistenz waren berechtigt. Sehr schnell stellte sich heraus, dass die Patienten einen zeitlich großzügigeren Rahmen im Gespräch mit der Fachassistenz sehr schätzten. Die Ärzte merkten schnell, wie gut die RFA ihre Aufgaben erledigt hatte. Die RFAs gewannen in der Praxis deutlich an Statur und wurden zunehmend in einem partnerschaftlichen Betreuungsverhältnis mit den Ärzten wahrgenommen.

Ärztlicherseits wurde sehr rasch die schnellere Versorgung von gut eingestellten Patienten mit den oben genannten Erkrankungen festgestellt, sodass die gewonnene Zeit anderweitig eingesetzt werden konnte, ohne dass Abstriche an der Versorgungsqualität notwendig waren.

Während bei vielen Kollegen außerhalb der Praxis das Vorgehen auf Zögern oder Ablehnung stieß, fanden wir interessierte und offene Ohren bei einigen Pharmafirmen, die das von uns verwirklichte Konzept durch Fortbildungen unterstützten. Die RFAs erfuhren so eine Wertschätzung, die sie bisher nicht erfahren hatten und wurden zu wichtigen Ansprechpersonen auch im Außenverhältnis der Praxis.

Ein weiterer großer Schritt in der Tätigkeit der Rheumafachassistenz kam mit der Empfehlung und Initiierung der Treat-to-Target (T2T)-Strategie. Den Ärzten wurde schnell klar, dass eine ausschließliche Begleitung dieser Strategie durch den internistischen Rheumatologen mit engmaschigen Kontrollen im Kontext des derzeitigen Systems ärztlicherseits nicht zu leisten ist. Nun machte es sich bezahlt, dass in den vorangegangenen Jahren von Seiten der Praxisinhaber Zeit und Sorgfalt in die Ausbildung der RFA investiert worden war. Wir konnten sehr rasch eine RFA-geleitete T2T-Sprechstunde für frisch eingeleitete Basistherapien etablieren. Ein enormer Zugewinn an Versorgungsqualität und Therapieadhärenz, wie alle schnell merkten.

Aus Sicht des Praxisinhabers ist große Sorgfalt bei der Ausbildung und Auswahl der RFA für die einzelnen Aufgaben unentbehrlich. Nicht jeder kann alles, aber die Willigen und Fähigen herauszufiltern und zu fördern, zu ermutigen und zu fordern, ist eine lohnenswerte Aufgabe, die sich am Ende auch rechnet. Die RFA erfährt eine deutliche persönliche, fachliche und in den meisten Fällen auch finanzielle Aufwertung durch die verantwortungsvolle und hochwertige Arbeit, die geleistet wird.

Als ständige Ansprechpartner der Patienten entlasten die RFAs den behandelnden Rheumatologen in unendlich vielen Aspekten der täglichen Arbeit. Ein stabiler und zu friedener Patient braucht üblicherweise deutlich weniger Arbeitszeit. Die gewonnene Zeit wiederum kann investiert werden in verschiedene andere Bereiche.

Von entscheidender Bedeutung beim Einsatz der rheumatologischen Fachassistenz mit erweiterten Aufgaben im Praxisalltag ist der engmaschige Abgleich zwischen behandelndem Arzt und RFA. Sachlicher Austausch und stete Kommunikation SOWIE Vertrauen aufeinander sind unseres Erachtens der Schlüssel zum Erfolg!

RFA-Sprechstunde, Treat-to-Target-Sprechstunde oder unser neues Projekt eines strukturierten Erstkontaktes von Neupatienten durch RFAs kann immer nur als funktionierendes Team gelingen. Die jahrelange Tätigkeit im niedergelassenen Bereich als Arzt und RFA zeigt uns, dass jede Praxis ihre Eigenarten hat. Das heißt, die vor Ort bestehenden Probleme müssen gemeinsam benannt und angegangen werden.

Bezüglich der von uns umgesetzten Delegationsleistungen empfehlen wir einen Beginn im Kleinen und ein organisches Wachsen ausgerichtet an den individuellen Bedürfnissen von Praxis, Patienten, Arzt und RFA. Bevor eine Investition sich rechnet, muss sie zunächst getätigt werden. Dies gilt sowohl für den Arzt, als auch für die RFA. Wenn die erste Frage der Beteiligten lautet „wer bezahlt mir das alles", ist ein glatter Fehlstart vorprogrammiert! Freude an problemlösenden neuen Strukturen und Tätigkeiten als Team sind gute Voraussetzungen. In diesem Sinne konnten wir unsere Erfahrungen gemeinsam mit engagierten Kollegen aus Praxis und Klinik in die Entwicklung eines Muster- Curriculums Rheumatologie einbringen, welches aktuell von der BÄK beschlossen wurde, sodass zukünftig eine 120-stündige strukturierte Fortbildung zum Erlangen von Kommunikations- und Handlungskompetenzen mit einer entsprechenden BÄK-Zertifizierung zur Verfügung stehen wird, die als Teil der Ausbildung zum Fachwirt gelten kann.